Freitag, 14. Juni 2013

Polyamory und Promiskuität

"Ihr wollt doch nur rumvögeln!" - Eine der am häufigsten zur Sprache gebrachten Vorverurteilungen polyamorer Menschen. Dieses "rumvögeln" nennt man Promiskuität. Die (wertende) Gleichsetzung von Polyamory und Promiskuität ist nicht nur faktisch falsch, sondern gleich dreifach bescheuert.

1. Promiskuität, also Sex mit vielen Menschen zu haben oder "nur" sexuelle Verhältnisse ohne emotionale und andersweite Bindung einzugehen, wird grundsätzlich als etwas negatives angesehen. Darf ich fragen, was daran so schlimm sein soll, wenn zwei oder mehr Menschen einvernehmlichen Sex haben und weiter nichts passiert oder sie in ihrer derzeitigen Lebenssituation (oder generell) keine engeren Bindungen haben möchten?

2. Polyamory bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf Sexualität, sondern auch auf Emotionalität, also sprich darauf, mehrere Menschen zu LIEBEN. Meine lieben Moralapostel, ich glaube, in diesem Punkt dürften wir uns einig sein: Liebe besteht nicht nur aus Sex. Zwar gibt es keine einheitliche polyamore Norm, doch in der Regel bejahen polyamore Menschen langfristige Beziehungen und starke emotionale Bindungen - oft eben nicht nur zu einem Menschen. Rein sexuelle Verhältnisse werden zwar nicht explizit angestrebt, aber auch nicht ausgeschlossen: Alles was einvernehmlich ist und alle Beteiligten glücklich macht, ist okay. Sei es eine Liebesbeziehung, Romanze, Affäre, Freundschaft Plus, oder wie man es sonst noch benennen mag.

3. Interessant, dass ausgerechnet für die Menschen, die freie Sexualität verurteilen, Sex der einzig denkbare Grund ist, nicht-monogam zu leben. Interessant, dass ausgerechnet die Menschen, die uns gerne vorwerfen, wir wären sexbesessen, riesige Dramen veranstalten, langjährige Beziehungen beenden und Familienstrukturen zerstören, nur weil einer der Beteiligten "fremdgegangen" ist - nur wegen ein bisschen Sex! Da frage ich mich, wer hier sexfixierter und -besessener ist: Ein Mensch der Sex einfach einvernehmlich und frei genießt, mit oder ohne Gefühle oder jemand, der wegen Sex (den er/sie noch nichtmal selbst gehabt hat in dem Fall) im Zweifelsfall sein halbes Leben umwirft und dabei weder Rücksicht auf sich, noch den Partner, noch auf eventuelle Kinder nimmt.

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